Ein lebenslanges Lernen
Biografie von Carl Gustav Jung
* 26.07.1875 - in Kesswil, Thurgau, Schweiz
† 06.06.1961 - Zurich, Schweiz
«Die Erinnerung an die äußeren Fakten meines Lebens ist mir zum größten Teil verblaßt oder entschwunden. Aber die Begegnung mit der inneren Wirklichkeit, der Zusammenprall mit dem Unbewußten, haben sich meinem Gedächtnis unverlierbar eingegraben. Ich kann mich nur aus den inneren Geschehnissen verstehen. Sie machen das Besondere meines Lebens aus, und von ihnen handelt meine Autobiographie.»
(«Erinnerungen, Träume, Gedanken» C.G.Jung, A.Jaffe)
Obwohl für Carl Jung die tatsächlichen Ereignisse weitaus weniger von Bedeutung waren, als deren Einfluss auf die menschliche Seele und die Psychologie, werde ich versuchen die Geschichte seines Lebens möglichst genau aufzuschreiben. Wichtig erscheinen mir vor allem die Meilensteine seines Lebens, welche ich im folgenden beschreiben werde.
Erinnerungen aus der Kindheit
CCarl Gustav Jung wurde am 26. Juli 1875 in der kleinen Stadt Kesswil in der Schweiz geboren. Sein Vater, Paul Achilles Jung war Pfarrer. Carls Mutter, Emilie Preiswerk kam aus einer wohlhabenenden Familie, die eine lange Geschichte besass. Ihr Vater war ein Professor für Hebräische Sprache. Sein Vater und der Großvater waren beide angesehene Ärzte.
Junge Carl Gustav Jung wurde in der Basler Gymnasium studiert und im Jahre 1895 trat er in die Basler Universität. Von Schulzeit liebte er Zoologie, Biologie, Archäologie und Geschichte. In der Universität studierte er Medizin und Psychiatrie sowie Philosophie und Theologie. Zu dieser Zeit bekommt er auch sehr interessiert für okkultes Wissen und liest viele Literatur über das Thema.
Nach seinem Abschluss an der Universität schrieb Carl Jung eine Dissertation, die der Untersuchung von okkulten Veranstaltungen gewidmet war. Diese Arbeit benannte er «Zur Psychologie und Pathologie sogenannter okkulter Phänomene». Seine damalige Arbeit kann bereits als Beginn und Auftakt zu seiner folgenden kreativen und 60 Jahre währenden Arbeit angesehen werden.
Im Jahr 1900 zog Carl Gustav nach Zürich um, wo er in der psychiatrischen Klinik Burghölzli als Assistent eines berühmten Experten namens, Eugen Bleulers arbeitete. Damals veröffentliche Jung auch seine ersten Werke und Beiträge zur Psychiatrie. Insbesondere handelte es sich dabei zu Forschungen im Bereich der Wort-Assoziationen. Jungs gewöhnliche Arbeit im Krankenhaus bestand in der Routine-Untersuchung von Patienten, der Aufzeichnung ihrer Krankengeschichte, sowie der Analyse und Bewertung Ihrer Heilmöglichkeiten.
Im Februar 1903 heiratete Carl Gustav Jung die Tochter eines reichen Fabrikanten namends Emma Rauschenbach. In den folgenden Jahren schenkte sie Carl Gustav fünf Kinder. (Emma und Carl Gustav lebten fortan zusammen, bis Emma nach 52 gemeinsamen Jahren starb.)
Im Jahr 1907 veröffentlichte Jung sein Werk «Die Psychologie der Dementia Praecox» (Eine Kopie davon schickte er später an Sigmund Freud). Dieses Buch scheint die erste psychosomatische Theorie der Schizophrenie zu sein. In den folgenden Werken verfeinerte Jung seine Vorstellungen zu den psychogenen Ursachen dieser Krankheit. Jung bewies, dass die damals angenommenen «Toxinen Hypothesen» für dieses Krankheitsbild ungültig sind. Jung ersetzte die alte These mit einer plausiblen neurochemischen Erklärung.
Sigmund Freud und Jung
Das Treffen mit Freud war ein wichtiger Meilenstein im Leben und wissenschaftlichen Wachstum von Jung. Bis zum Moment der persönlichen Begegnung im Februar 1907 in Wien, war Jung bereits gut bekannt durch seine Experimente mit Wort Assoziationen und durch Entdeckung von Komplexen. Mit Freuds Theorie in seiner Arbeit (er war sehr vertraut mit seinen Werken) Jung half psychoanalytischen Bewegung durch seine Autorität. Das Treffen begann eine produktive Zusammenarbeit und persönliche Freundschaft, die bis 1912 dauerte.
Gruppenfoto 1909 vor der Clark University.
Im Jahre 1909 reiste Jung zusammen mit Freud und Sándor Ferenczi (Dem ungarischen Psychoanalytiker in die Vereinigten Staaten von Amerika, wo sie gemeinsam eine Reihe von Vorlesungen an der Clark University hielten.
1910 beendete Jung seine Arbeit an der Klinik Burghölzli und began die Arbeit in seiner Privatpraxis am Zürcher Seeufer. Carl Jung wurde der erste Präsident der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung. Jung studierte die menschlichen Mythen, Legenden und Märchen und brachte Sie in ihre Verbindung zur Psychologie. Die Freundschaft zu Sigmund Freud veränderte sich und fand schließlich ein Ende.
Als Hauptgrund für die Spannung zwischen den Beiden war eine wissenschaftliche Frage, über die Bedeutung der Libido und seine wahre Natur. Freud glaubte, dass psychische Störungen durch die Unterdrückung der Sexualität entstehen und sich der Ersatz des erotischen Interesses in der inneren Welt eines Patienten weiterentwickelt. Die Meinung von Jung zu diesem Thema war, dass der Realitätsverlust (was bei Schizophrenie beobachtet werden) nicht nur durch die Unterdrückung der Sexualität erklärt werden kann. Deshalb verwendet Jung den Begriff «Libido» für die gesammte psychologische Energie.
1913 war das Jahr, in dem sich die Zusammenarbeit zwischen den beiden Wissenschaftlern erledigt hatte und seinen Abschluß fand. Persönlich trafen sie sich zum letzten Mal im September 1913 auf der Vierten Internationalen Psychoanalytischen Kongress in München. Sie sahen sich anschließend nie wieder.
Zeit der Auflösung
Der Turm bei Bollingen am Zürichsee
Die Trennung von Freud bedeutete Jung viel und war für ihn sehr schwierig. Es war nicht weniger, als ein persönliches Drama, eine spirituelle Krise und sogar eine Gradwanderung auf dem Grad der Kante zu seiner tiefen Seele, am Rande von Zerstreuung und Nervenzusammenbruch. In den folgenden sechs Jahren
In den 20er Jahren, nach seiner schweren Krise machte Jung einige lange Reisen zu verschiedenen Teilen Afrikas. Außerdem besuchte er die Pueblo-Indianer in Nordamerika. Einen Bericht seiner Reisen und Erkundigungen veröffentlichte Jung in dem Buch «Erinnerungen, Träume, Gedanken». Dort beschreibt er ebenfalls eine Reise nach Indien, welche er deutlich später, im Jahr 1938 hinzufügte.
Der Krieg und später
Bereits in den 30er Jahren war Carl Jung international bekannt. Ihm wurde der Titel zum Ehrenpräsidenten der Gesellschaft für Psychotherapie Deutschland verliehen. Im November 1932 gab ihm der Züricher Stadtrat einen Preis um seine literarische Arbeit anzuerkennen. Außerdem erhielt er für seine Arbeit einen Scheck über 8000 Franken.
Im Jahr 1933 kam Hitler in Deutschland an die Macht. Die Psychotherapie-Gesellschaft wurde nach nationalsozialdemokratischen Grundsätzen umstrukturiert. Der aktuelle Präsident der Gesellschaft, Ernst Kretschmer, kündigte daraufhin seine Position. Obwohl die Gesellschaft daraufhin in kleinere Organisationen und Einzelpersonen zerfiel wurde Carl Jung trotzdem Präsident der Internationalen Gesellschaft. Später kommentierte Jung seine Entscheidung damit, dass er dies tun mußte, um jüdische Therapeuten innerhalb der Organisation schützen zu können.
Im Jahr 1935 wurde Jung Professor für Psychologie an der Polytechnischen Schule in Zürich. Noch im selben Jahr gründete der neue Professor die Schweizer Gesellschaft für Angewandte Psychologie.
Ein weiterer Meilenstein im Leben Jungs war das Ende des Zweiten Weltkriegs. Diesen Punkt beschrieb Jung selbst in seiner Autobiografie. Im Frühjahr 1944 brach sich Jung sein Bein und hatte einen Herzinfarkt. Während eines Luftangriffs verlor Carl Jung das Bewusstsein und fühlte selbst, dass er im Sterben liegt. Bei diesem Nah-Tod-Erlebenis hatte er eine Vision, in der er unseren Planeten von der Seite sah und sich selbst als Summe seiner Taten und Worte wahrnahm. Der Psychotherapeut wollte in seinem Traum gerade einen Tempel betreten, als ihm sein Arzt erschien und ihn zurück ins Leben holte. Jung errinerte sich später noch gut daran, wie enttäuscht er war, als er zurückgeholt wurde um weiterzuleben. Diese Erfahrung veränderte Jungs Leben komplett. Den kleinen Ereignissen und unbedeutenden Schwierigkeiten schenkte er fortan keine Aufmerksamkeit mehr. Stattdessen konzentrierte er seinen Geist auf die Problemlösung der wirklich wichtigen Probleme.
Endstation der Lebensreise
Im November 1955 starb Carl Jungs Frau Emma. Sie war für mehr als 50 Jahre seine Partnerin und Schülerin gewesen. Die psychoanalytische Praxis hatte sie nach eigener Überzeugung auf der Basis der Theorien Ihres Mannes geführt.
Kurz vor seinem eigenen Tod beendete Jung sein autobiographisches Buch Erinnerungen, Träume, Gedanken (Flamingo). Außerdem entstand in Zusammenarbeit mit seinen Schülern das äußerst populäre Buch «Der Mensch und seine Symbole», in dem die wichtigsten Theorien der analytischen Psychologie in einfacher Weise für jedermann verständlich beschrieben wurden.
Carl Jung starb nach kurzer Krankheit am 6. Juni 1961, in Küsnacht am Zürichsee.